Werk ohne Autor – Filmkritik

Werk ohne Autor (Kinostart 3.10.2018)

Kurt Barnert (Tom Schilling) durchlebt auf seinem Weg als Künstler und Maler drei verschiedene Welten, angefangen von der NS-Diktatur in seiner Kindheit, über die DDR bis zu seiner Reise in die BRD. Dabei muss er nicht nur die Ermordung seiner an Schizophrenie erkrankten Tante verarbeiten, sondern er  heiratet auch sogar die Tochter eines an der Tat beteiligten Arztes, ohne es zu wissen.

Was auf den ersten Blick wie ein konstruiertes Kammerspiel klingt, ist die reale, ausgeschmückte Lebensgeschichte von Gerhard Richter, einem der  bedeutendsten modernen, deutschen Künstler.  Denn wie der Film einem vermitteln will: Alles was wahr ist, ist schön. Florian Henckel von Donnersmarck inszeniert allerdings nicht nur diesen Familienkonflikt, nein, vielmehr will er alles zeigen, was Gerhard Richter auf seinen Weg bringt, seinen  künstlerischen Stil zu finden.

Seit Venedig werfen viele andere Kritiken Henckel von Donnersmarck vor, die moderne Kunst zu vereinfachen. Von ‚Moderne Kunst, so wie Mario Barth und die Bild sie erklären würde‘ (Tagesspiegel) über eine ‚hochspekulative‘ Darstellung (Süddeutsche) lastet man dem Film an, das Wesen der Kunst zu verklären. Aber was ist das Wesen der Kunst? Und kann ein Film, wenn er eben nicht selbst ein Kunstfilm ist überhaupt das Wesen der Kunst wertungsfrei zeigen?  Es ist eine Gratwanderung, die in dem Fall leider teilweise zu simpel erscheint: Ein Wind, ein Einfall und die künstlerische Idee entspringt; das Kunstverständnis des Regisseurs dürfte vielen zu wider sein.

Dagegen mehr als positiv kommt das Schauspiel von Tom Schilling, Sebastian Koch und Paula Beer rüber: Es macht Spaß ihnen zu zusehen, gerade Sebastian Koch liefert mit seiner Rolle als Arzt ohne Menschlichkeit mit eine seiner besten Leistungen ab. Schade nur, dass Paula Beer als Ellie nie mehr als die Frau an der Seite von Kurt Barnert sein darf. Hier wäre Platz für mehr gewesen.

Nicht nur das Spiel der Hauptdarsteller, macht den Film sehenswert, sondern auch die Bilder, die Farben bieten ganz großes Kino. Die brennende Stadt Dresden wird man nicht so schnell vergessen. Auch wenn sie in einer Schnittfolge  mit sterbenden Soldaten und einer Gaskammersequenz gezeigt wird, die man den Regisseur als unglücklich auslegen kann.

Beim Rezensieren gerät man bei ‚Werk ohne Autor‘ schnell in einen Rausch, all die Makel aufzuzählen, die er in drei Stunden ansammelt. Dabei soll betont werden, dass trotz allen Trübungen ein guter Film zurückbleibt, der sich nur einfach ein wenig zu viel vornimmt.

Denn in 189 Minuten sowohl NS-Verbrechen, DDR-Oppression, künstlerische Selbstfindung, die Begründung der modernen Kunst in Düsseldorf, die Prinzipien des hippokratischen Eides als auch ein kolossales Familiendrama zu erklären, funktioniert einfach nicht komplett. Dabei bleibt trotzdem ein Film zurück, der besser ist als viele, die dieses Jahr laufen werden. Ein Film, der den mutigen Schritt versucht, drei Epochen deutscher Geschichte zu vereinen und dabei nicht komplett scheitert. Gemessen an den ungeheuren Erwartungen an den Film des letzten deutschen Oscargewinners Henckel von Donnersmarck, ist es für ‚Werk ohne Autor‘ ohnehin schwierig, restlos zu überzeugen.

‚Werk ohne Autor‘ ist ein gutes Stück deutsche Geschichte mit tollen Bildern, aber nicht der Messias unter den deutschen Filmen.

 

Wertung:

4/5

(Kinostart 3.10.2018)

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